Mit der heutigen Verkündung von facebook-Boss Mark Zuckerberg (nachzulesen hier), künftig (nicht bezahlte) Beiträge von Medienunternehmen abzuwerten, ist wohl endgültig klar: Die "Frenemy"-Strategie der klassischen Medienhäuser ist obsolet.
Zwischen dem Internetgiganten facebook und klassischen Medienhäusern verlegerischer Herkunft herrscht schon länger ein ambivalentes Verhältnis. Einerseits wurden die Aktivitäten
des Silicon-Vally-Unternehmens immer wieder kritisch beäugt, andererseits nutzen fast alle Medienunternehmen die facebook-Plattform, um ihre eigenen Websites und die dortigen Inhalte zu promoten.
Aber warum eigentlich? Um das zu ergründen lohnt es sich, die Uhr ein wenig zurückzudrehen:
Am Anfang der Internetaktivitäten der klassischen Medienhäuser um die Jahrtausendwende stand die Tür ins World Wide Web und damit in die ganze Welt weit offen: Plötzlich war man nicht mehr an
Drucktürme und Logistikunternehmen gebunden, die Inhalte der Verlage konnten zu jeder Zeit an (beinahe) jeden Menschen auf der Welt in Real Time zugestellt werden. Diese "digitale Besoffenheit"
(Zitat Christof Baron, nachzulesen hier) beflügelte natürlich auch die
Rendite-Fantasien der Medienmanager (Disclaimer an dieser Stelle: auch ich war Anfang der 2000er einer von ihnen). Inhalte weltweit zu extrem niedrigen Kosten verbreiten, jederzeit und überall,
da wäre doch jeder Werbe-Euro beinahe ein hunderprozentiger Deckungsbeitrag! Und genau an dieser Stelle gelangte jener Geist aus der Flasche, den die meisten heute noch einzufangen
versuchen:
Im festen Glauben, mit der digitalen Reichweite signifikante Umsätze zu erzielen, warfen insbesondere die klassischen Tageszeitungen in Österreich zwei ihrer bis dahin geltenden
eisernen Grundsätze einfach über Bord: a) Journalistisch erzeugte, qualitative Inhalte sind von den Konsumentinnen und Konsumenten zu bezahlen (im Ausgabekanal Print völlig normal) und b) Das
Geschäftsmodell baut nicht auf weltweiter, sondern im wesentlichen auf regionaler Reichweite auf.
Die Ausnüchterungsphase nach der "digitalen Besoffenheit" fiel mit der Weltwirtschaftskrise zusammen: Ingesamt verhaltenes Werbeverhalten großer Kunden und die Feststellung, dass Digitalwerbung nicht ausreicht, um klassische Medienstrukturen zu erhalten, sorgte für einen ordentlichen "digitalen" Kater in den Management-Etagen der Medienhäuser. Aber schon nahte der nächste Rettungsanker: Mit Hilfe der reichweitenstarken Plattform von facebook begann man, die digitale Reichweite der medieneigenen Websites zu pushen, was auch den meisten gut gelang. Parallel rasselten allerdings aufgrund der weltweiten digitalen Konkurrenz die TKPs für digitale Massenware (auch Display-Werbung genannt) in den Keller, und Themen wie "Ad Fraud" oder "Visibility" trugen auch nicht gerade zu einem neuen digitalen (Umsatz)-Höhenflug bei.
Wenn facebook jetzt verkündet, die digitale Reichweite von Medienmeldungen drastisch zu senken und gleichzeitig selbst zum Inhalte-Anbieter mutiert (aktuelles Beispiel siehe hier) ist es wohl an der Zeit, die von besonders kreativen Strategen entworfene "Frenemy"-Strategie (eine Mischung aus "Friend" und "Enemy") zu begraben und zu erkennen, was die Schwester von Mark Zuckerberg, Randi Zuckerberg, in Wien bei der letzten "GameChanger"-Veranstaltung ohnehin freimütig auf der Bühne bekannte: "Facebook is a Media Company". Und damit ein echter Konkurrent.